Die Bänder der Matrosenmütze und der große Kragen des Matrosenhemdes erinnern daran, dass in vergangenen Jahrhunderten über lange Zeit hinweg der Brauch herrschte, an
Bord der Schiffe geteerte Zöpfe zu tragen. In der britischen Marine hielt sich diese Mode bis in das 19. Jahrhunderet hinein. Während Mannschaften und Unteroffiziere einen angesteckten Zopf zu tragen hatten, der mit
einem schwarzen geteerten Band umwickelt war, schmückten sich die Offiziere mit einer weißgepuderten Perücke. Als man endlich die Zopfmode über Bord warf, übernahmen die verschiedenen Flotten als symbolischen Ersatz
schwarze Bänder. Zuerst wurden sie nur an den Matrosenhut, der damals vielfach noch getragen wurde, oder an die Mütze geheftet. Später legte man ein Band um den Mützenrand, erfand eine kunstvolle Verknüpfung des
Bandes hinten zu der Mütze und ließ die Enden frei wehen. Freifliegende Mützenbänder dieser Art gab es schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts.
Auf zeitgenössischen Stichen und und Bildern lassen sie sich erstmals um 1818 nachweisen. Nach und nach wurde es zur festen Tradition, dass das Mützenband Schiffsnamen
bzw. Verbands- und Flottenbezeichnungen in goldenen Schriftzeichen trug, so dass die Zugehörigkei des Matrosen oder Maaten schon von weitem ersichtlich war. In einigen Flotten bürgerte sich auch der Brauch ein, bei
Heimkehr von einer langen Reise - Weltumrundung - im Heimathafen Mützenbänder zu tragen, die in ihrer Länge bis unter die Gürtellinie reichten. Dies war eine Parallele zu dem Heimatwimpel, den Schiffe aus dem
gleichen Anlass trugen und der so lang bemessen war, dass er bei der durchschnittlichen Größe der damaligen Schiffe vom Vortopp bis zum Heck reichte.
Wie schon angedeutet, hängt auch der große Kragen des Matrosenhemdes mit dem alten Brauch der Teerzöpfe zusammen. Er sollte verhindern, dass der Zopf die Oberbekleidung
beschmutzte. Naturgemäß musste er deshalb so groß bemessen sein, dass auch bei seitlicher Kopfbewegung das das Hemd geschützt blieb. Um die Reinigung des Matrosenhemdes zu vereinfachen, wurde später ein gleichgroßer
auswechselbarer Kragen über das Hamd gelgt, den man im Winter vielfach auch über die Jacke trug. Da die Offiziere keine Teerzöpfe ansteckten, entfielen für sie auch Mützenbänder und Kragen.
Als schließlich die Zöpfe fallen mussten, behielten viele Flotten den Ãœberkragen, in Deutschland als Kieler Kragen oder Exkragen bezeichnet, als Traditionszeichen bei.
Kiel wurde 1871 der erste “Reichskriegshafen†des nach Seemacht strebenden kaiserlichen Deutschlands. Hier entwickelte sich neben Kriegsschiffswerften und
Rüstungswerken auch ein ganzer Industriezweig für die Massenherstellung von Marinebekleidung. Dementsprechend wurden in den Sprachgebrauch diese Kieler Erzeugnisse als Kieler Kragen, Kieler Hemden und so weiter
aufgenommen und über viele Jahre hinweg zu festen Begriffen.
Die führende Rolle Englands im Seekriegswesen vergangener Jahrhunderte beeinflusste die Traditionen, Sitten und Gebräuche in vielen Flotten. Erst relativ spät wurde
dieser Einfluss durch Einführung nationaler Traditionen abgeschwächt.
Trotzdem hielten viele Handels- und Kriegsflotten an den drei weißen Erinnerungsstreifen auf den Kragen der Matrosenhemden und am schwarzen Halstuch bis zum heutigen Tage
fest und übernahmen sie als Traditionszeichen.
Die Streifen wurden in England zur Erinnerung an die drei großen Seeschlachten des Admirals Horatio Nelson eingeführt und später von den ausländischen Flotten übernommen.
Die Seeschlachten von Aboukir am 1. August 1798, von Kopenhagen am 2. April 1801 (nach anderer Deutung steht an deren Stelle das Seegefecht von Kap Finisterre am 22. Juli 1805) und von Trafalger am 21. Oktober 1805
sicherten die britische Seeherrschaft für weitere 100 Jahre.
Das schwarzseidene Halstuch der Matrosen und Maate wurde in der englischen Flotte aus Anlass des Todes des berühmten Nelson eingeführt. Ursprünglich als offizielles
Zeichen der Trauer an der Uniform getragen, wurde das Halstuch als Teil der Matrosenuniform beibehalten, als Zeichen der Aufhebung der Trauer aber eine weiße Schleife geknüpft.
In anderen Flotten trug man das Tuch locker um den Hals, oder es wurde in eine schmale schwarze Schleife umgewandelt. Andere Flotten führten einen kunstvollen Knoten für
das Halstuch ein.
Die flache schirmlose Matrosenmütze wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts als einheitliche Kopfbedeckung für Matrosen und Maate übernommen. Bis in die Jahre um 1880 hatte
sich in einigen Flotten der breitkrempige, mitunter tschakoähnliche Matrosenhut aus schwarzem Lackleder oder geteertem Segeltuch gehalten.
Die Besonderheiten des Lebens an Bord der damaligen Segel- und Dampfkriegsschiffe mit ihren noch vollgeriggten Takelagen und engen Batteriedecks erforderte aber eine
Kopfbedeckung, die ein möglichst unbehindertes Gesichtsfeld nach allen Seiten, besonders aber nach vorn oben ermöglichte. Diese Forderung entstand durch das Exerzieren und Drillen der Besatzung in dem Taugewirr und
in den Batteriedecks. Aus diesem Grunde wurde diese Mütze auch nur von den Matrosen und Maaten getragen.
In jener Zeit begann man auch, Matrosenhemden und -hosen vorn möglichst geschlossen und knopflos zu tragen. Man kann der allgemeinen Deutung zustimmen, dass besonders für
den seitlichen Klappverschluss der Matrosenhose und den Schnitt des Matrosenhemdes die Besonderheiten der Arbeit in den turmhohen Takelagen der Segelschiffe zugrunde gelegen habe. Jene Arbeit nahm damals nahezu den
ganzen Arbeitstag des Seemanns ein; und es scheint erklärlich, dass man die seemännische Berufsbekleidung gegen den scharfen Seewind so gut wie möglich abschließen wollte. Für Offiziere war diese Besonderheit nicht
erforderlich; denn bis auf die Ausbildungsoffiziere blieben sie auf dem weniger windigen Deck - sie brauchten nicht aufzuentern.
Ausgehend vom damaligen Borddienst, scheint man auch die Hosenbeine geformt zu haben. Bekanntlich werden sie vom Knie abwärts relativ weit gehalten. Der Grund dafür lässt
sich darin suchen, dass die Matrosen an Bord der hölzernen Schiffe während des Sommerhalbjahres hindurch den überwiegenden Teil ihrer Tageswache barfuß und mit hochgekrempelten Hosenbeinen arbeiteten, auch beim
Boots- und Geschützdienst.
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